Ausstellungen zum Buch “Der Auerochs”
Anlässlich der Neuerscheinung des Buches „Der Auerochs“ im Oktober 2010 auf der Frankfurter Buchmesse hat das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum München dem Buch vom 27. Juli bis 9. Oktober 2011 eine Sonderausstellung gewidmet. Die Ausstellung fand großes Interesse und Anerkennnung beim Fachpublikum und der breiten Öffentlichkeit.
Erstmals wurden 2011 im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum in München sensationelle Fossilien über 100.000 Jahre alter Auerochsen ausgestellt. Es war europaweit die erste Ausstellung ihrer Art, in der eine solche Sammlung gezeigt wurde. Der Auerochs war das größte, durch den Menschen in historischer Zeit verdrängte und ausgerottete Landsäugetier, das in Mitteleuropa noch bis ins 17. Jahrhundert gelebt hat. Die Sonderausstellung spannte einen Themenbogen von der Historie des Urrindes über seine Rückzüchtung bis hin zum Einsatz seiner Nachkommen in der Landschaftspflege.
Am 26. Juli 2011 wurde die Sonderausstellung „Der Auerochs, seine Ahnen und Nachkommen“ im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum München mit einer musikalischen Umrahmung durch die Jagdhornbläser der Deutschen Waidmannsgilde e. V. München feierlich eröffnet. Nach der Begrüßung durch den Direktor des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums, Herrn Manuel Pretzl und einer Einführung in die Ausstellung durch den Vorstandsvorsitzenden des Vereins zur Förderung der Auerochsenzucht (VFA) e.V., Herrn Walter Frisch, richtete der Ltd. Ministerialrat und Rinderreferent vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Herr Maximilian Putz, sein Grußwort an die zahlreich erschienenen, geladenen Gäste und übermittelte von Seiten des Bayerischen Staatsministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Herrn Helmut Brunner, die besten Wünsche für eine erfolgreiche Ausstellung. Herr Staatsminister Brunner hatte erst im Mai 2011 die Schirmherrschaft für die Jahrestagung des Vereins zur Förderung der Auerochsenzucht e.V. in Karlshuld, Bayern übernommen.
Weitere Informationen über die Sonderaus-stellung in München, die vom 27. Juli 2011 bis zum 9. Oktober 2011 für die Allgemeinheit geöffnet war, folgen an dieser Stelle. Schauen Sie einfach öfter mal rein. Einzelheiten erfahren Sie auch über das neben stehende Faltblatt zur Sonderausstellung, das Sie durch einfaches Anklicken öffnen können. Einen kleinen Einblick in die Ausstellung erhalten Sie durch die nachfolgenden Bilddarstellungen und Beschreibungen, die von Zeit zu Zeit ergänzt werden. Natürlich kann der Bericht einen persönlichen Besuch der informativen Ausstellung mit seinen Original-Exponaten nicht ersetzen.
Die Ausstellung zum Buch „Der Auerochs“
Anlass für die Ausstellung war die Herausgabe und Publikation des ersten und bislang einzigen umfassenden Bildbandes über das europäische Urrind, den Auerochsen, seine Ahnen und Nachkommen, auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2010. Das Buch behandelt die Naturgeschichte des Auerochsen, seine Ausrottung im 17. Jahrhundert und insbesondere die durch die Gebrüder Heck in Berlin und München in den 20-er Jahren begonnene Abbildzüchtung bis hin zum Einsatz der Auerochsen-Nachkommen zur Landschaftspflege im Naturschutz. Weitere Informationen über das Buch finden Sie über das Menü.
Die Ausstellung
Mitten in der Fußgängerzone von München gelegen, ist das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum München in einem der bedeutsamsten Gebäude Münchens – der ehemaligen Augustinerkirche – untergebracht. Es beherbergt neben der weltbekannten Trophäen-Sammlung des Grafen Arco eine Vielzahl von sehr bedeutenden Kunst- und Kulturschätzen. Regelmäßig werden Sonderausstellungen veranstaltet, die sich mit der Jagd und naheliegenden Themen-Bereichen befassen. Ein außerordentlich geeigneter Ort für die erste Ausstellung über den Auerochsen mit Exponaten aus vor- und nacheiszeitlichen, erdgeschichtlichen Perioden.
Zur Vernissage am 26. Juni 2011 kamen an die 120 geladene Besucher, die zunächst in der Apsis der ehemaligen Augustinerkirche den Eröffnungsansprachen beiwohnten und – mangels ausreichender Sitzplätze – auf der Treppe zum „Weißen Saal“ auf eigens dafür bereitgelegten Sitzkissen Platz nahmen. Als Vorgeschmack auf das Thema „Auerochs“ zierte die lebensgroße Nachbildung eines nacheiszeitlichen Auerochsen, die durch die Firma Lehrmittel Luksch aus Gronsdorf bei München für die Ausstellung zur Verfügung gestellt wurde, die Apsis. Die Jagdbläser hatten sich auf der Empore aufgestellt, wodurch eine außergewöhnliche Klangqualität die Festgäste beeindruckte. Nach Eröffnung der Ausstellung strömte die Gesellschaft zunächst zum „Weißen Saal“, der rechts und links durch je eine Vitrine mit Originalen von vor- und nacheiszeitlichen Schädelfragmenten von vormals in Deutschland lebenden Auerochsen eingerahmt war. Die nachfolgenden Bilder können nur einen Überblick über die in der Ausstellung gezeigten Exponate vermitteln, den Eindruck einer Besichtigung der Originale jedoch nicht ersetzen.
In der linken Vitrine sind zwei nacheiszeitliche Originalschädel ohne Unterkiefer ausgestellt, die im Torfmoor von Alvesse bei Braunschweig gefunden wurden. Der rechts gezeigte Schädel ist Teil eines im 19. Jahrhundert (1875) von Herrn Anbauer Heinrich Riechers gefundenen Auerochsenskeletts (Leihgabe des Naturhistorischen Museums Braunschweig).
In der rechten Vitrine werden zwei Original-Schädelfragmente aus der Privatsammlung des Herrn Frank Menger, Groß-Rohrheim gezeigt. Das helle schwach fosilierte, voreiszeitliche Schädelfragment mit seinen stark nach oben geschwungenen Hornzapfen stammt von einem männlichen, nicht ausgewachsenen Auerochsen. Es wurde in einer Lehmschicht bei Speyer (Altrhein) gefunden und ist ca. 100.000 Jahre alt. Das zweite stark fosilierte Original-Schädelfragment stammt ebenfalls von einem männlichen Tier, das vor etwa 120.000 Jahren (letztes Interglazial) lebte. Das Fragment, das auf der Stirnplatte eine vom Rivalenkampf oder einer Jagdwaffe verursachte Verletzung aufweist, wurde in einer Kiesgrube in Geinsheim bei Trebur in 22 m Tiefe gefunden.
Am Eingang zur Sonderausstellung wird neben einem einführenden Text zum Auerochsen, seinen Ahnen und Nachkommen ein eiszeitlicher Schädel aus der Zoologischen Staatssammlung München als Leihgabe gezeigt, der sonst in einer Dauerausstellung im Museum Mensch und Natur im Schloss Nymphenburg in München ausgestellt ist.
Zwei Exponate aus der Privatsammlung von Frank Menger erregen die Aufmerksamkeit der Besucher. Es handelt sich um zwei nacheiszeitliche Schädelfragmente, die aufgrund ihrer Aufstellungsweise den Aufbau des Schädelknochens besonders gut erkennen lassen. Oben das ca. 10.000 Jahre alte und in einer Kiesgrube bei Eich in ca. 10 m Tiefe gefundene Schädelfragment eines weiblichen Jungtieres mit relativ schlanken Hornzapfen und unten das Fragment eines weiblichen, nacheiszeitlichen und ca. 8.000 Jahre alten Auerochsen-Schädels aus einer Kiesgrube bei Bensheim / Bergstraße mit abgebrochenem linken Hornzapfen.
Auf zwölf Roll-up Displays – so sieht es das Konzept von Daniel Kufner, dem an der Akademie der Bildenden Künste in München ausgebildeten Gestalter der Sonderausstellung vor – wird die Geschichte des Auerochsen, seiner Ahnen und Nachkommen reich bebildert dargestellt. Zu den einzelnen Themen werden Original-Exponate als Leihgaben aus den verschiedensten Museen in gesicherten Glasvitrinen gezeigt. Erst im 17. Jahrhundert ist das größte, durch den Menschen in historischer Zeit in Europa verdrängte und ausgerottete Landsäugetier, der Auerochs oder Ur, wie er auch genannt wird, Ausgestorben (siehe linkes Bild, rechte Tafel). Der Mythos Auerochs wird auf der Tafel 2 beschrieben und zusammen mit einem nacheiszeitlichen, ca. 10.000 Jahre alten Schädelfragment, das Frank Menger, Groß-Rohrheim aus seiner umfangreichen Privatsammlung als Leihgabe zur Verfügung gestellt hat, demonstriert (siehe mittleres Bild). Der Schädel, dessen rechte Hornspitze verletzt ist, wurde in einer Kiesgrube bei Eich in ca. 8-12 Meter Tiefe gefunden und gehörte zu einem männlichen Auerochsen. Das Horn des mutmaßlich letzten Auerochsenstieres, das sich noch heute in der Rüstkammer von Stockholm – Livrustkammaren, Slottsbacken 3, S-111 30 Stockholm – befindet, wird als Großfoto gezeigt (Foto © Göran Schmidt). Das Horn ist mit einer vergoldeten Silbereinfassung versehen und wurde als Jagdhorn genutzt. Die eingravierte Inschrift lautet – ins Englische übersetzt „aurochs horn – from the last aurochs bull – from the forest of Sochaczew – from the wojewode of Rawa Stanislaw Radrzieiowski – at that time starost of Sochaczew- in the year 1620“. Im rechten Bild wird ein voreiszeitliches Schädelfragment aus dem Jungpleistozän (10.000 bis 70.000 Jahre v. Chr.) gezeigt, das in Lampertheim bei Mannheim gefunden und vom Museum für Naturkunde, Stuttgart als Leihgabe zur Verfügung gestellt wurde.
Ein Blick in den Ausstellungsraum zeigt die Nachbildung des zweiten, 1986 in Sassenberg bei Münster, in Nordrhein-Westfalen gefundenen ca. 7.400 bis 10.700 Jahre alten Auerochsenskeletts, das von der Stadt Sassenberg als Leihgabe zur Verfügung gestellt wurde. Der Auerochse von Sassenberg ist das zweite Auerochsenskelett, das in Westfalen gefunden wurde. Im Jahre 1844 wurde bereits ein Skelett im Füchtorfer Moor, etwa 3,5 km von der neuen Fundstelle entfernt, ausgegraben. Das 1986 gefundene Skelett weist eine Schulterhöhe von 1,65 m auf. Rechnet man die nicht mehr erhaltenen Knorpel sowie die Dicke der Haut auf der Schulter hinzu, so dürfte sich eine Schulterhöhe des Auerochsen von ca. 1,70 m ergeben.
Um dem Besucher einen Eindruck über eine Fundstelle von den Fossilien eines Auerochsen zu vermitteln wurden in einem glasbedeckten Schaukasten die Überreste eines männlichen niederkauernden Tieres, in Sand eingebettet. Dies entspricht einer typischen Todeshaltung. Der Schädel des ausgestellten Skelettes stammt aus Geinsheim bei Trebur aus dem letzten Interglazial und ist ca. 120.000 Jahre alt. Er wurde in 23 m Tiefe gefunden. Die einzelnen Original-Skelettelemente stammen aus Kiesgruben zwischen Darmstatt und Mannheim (Nördlicher Oberrhein). Es handelt sich ebenfalls um Leihgaben aus der Privatsammlung von Frank Menger.
Welch kollosale Größe die in Mitteleuropa lebende Auerochsen-Population erreichte, zeigt das Schädel-Fragment aus dem letzten Interglazial, das 1998 in einer Sandgrube von Groß-Rohrheim bei Darmstadt von einem Schwimmbagger geborgen wurde. Die Hörner des Schädels, der einem Auerochsen-Stier zu geordnet wird, haben eine Ausladung von 142 cm und einen Umfang an der Basis von 48 cm. Man kann sich leicht vorstellen, welche Größe der Stier mit einer Schulterhöhe von ca. 2 Meter und einer Länge von über 3 Metern, sowie einem Gewicht von mehr als 1 1/2 Tonnen hatte (Original: Leihgabe aus der Privatsammlung des Frank Menger, Groß-Rohrheim / s. rechtes Bild).
Die ältesten Zeitzeugnisse über das Zusammentreffen des Auerochsen und des Menschen sind die vielfältigen Höhlenmalereien und Felsritz-Zeichnungen aus dem Aurignacien und Magdalenien, deren Alter auf 10.000 bis 50.000 Jahre datiert werden. Auch in historischer Zeit und heute lebende Künstler haben sich mit dem Auerochsen befasst. Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt dieser Arbeiten und präsentiert ein handkoloriertes Original des Augsburger Ur-Bildes aus dem Jahr 1826, sowie ein Exemplar der Originalausgabe von Hamilton Smith´s „Animal Kingdom“ in dem das Bild beschrieben ist.
Fortsetzung folgt:
Veranstalter: Deutsches Jagd- und Fischereimuseum, München < www.jagd-fischerei-museum.de>
Idee und Organisation: Walter Frisch, Starnberg < www.derauerochs.de >
Konzeption und Gestaltung: Daniel Kufner, München < www.artfarming.de >
Das Buch zur Ausstellung: Walter Frisch „Der Auerochs“ < www.derauerochs.de>
Realisierung: Mit freundlicher Unterstützung durch den Verein zur Förderung der „Auerochsenzucht“ (VFA) e.V. mit dem Sitz in Mettmann < www.auerochsen.de >
Zur Sonderausstellung hat der Verein zur Förderung der „Auerochsenzucht“ (VFA) e.V. eine Sonderausgabe des schon seit einiger Zeit geplanten Magazins „Urig“ für Auerochsenfreunde herausgegeben, das sich mit den einzelnen Themen der Ausstellung befasst.