Die Lebensweise des Auerochsen

Der Auerochse war ein Ur-Rind, das seit beinahe 400 Jahren ausgestorben ist. Er war über die gemäßigten und subtropischen Bereiche in Asien, Nordafrika und Europa verbreitet. Über die Lebensgewohnheiten des europäischen Auerochsen besteht in der Wissenschaft eine gewisse Uneinigkeit.

Teilansicht eines voreiszeitlichen Auerochsen-Skeletts, das 1910 in Steinheim a. d. Murr gefunden wurde und das mit seinem hypsodonten Gebiss genaue Rückschlüsse auf die Lebensweise und Ernährungsgewohnheiten des Auerochsen zulässt. Abbildung aus dem Fachbuch und Bildband „Der Auerochs“.

Manche Wissenschaftler glauben, dass das Ur-Rind ähnlich wie der Waldbüffel in Wäldern lebte. Andere Experten sehen den Auerochsen wie die anderen großen Pflanzenfresser eher als einen Bewohner von Grasland und Steppe. Aufgrund historischer Berichte und Funde kann man jedoch davon ausgehen, dass beides der Fall war und der Auerochse – je nach Futterangebot – wie nachfolgend dargestellt, in lichten Wäldern und offenen Landschaftsbereichen, insbesondere aber auch in Auenlandschaften gelebt hat.

Die Ernährung des Auerochsen

Sicher ist, dass die Lebensweise des Auerochsen eng mit seinen Ernährungsgewohnheiten verbunden war. Genauso wie die heutigen Hausrinder war der Auerochse ein Pflanzenfresser und Wiederkäuer. Aufgrund seines hypsodonten Gebisses war er auf das Grasen ausgerichtet.

Im Sommer ernährte sich der Auerochse von Gräsern, Kräutern und jungen Trieben. In den kühleren Regionen Europas musste der Auerochse im Winter mit Moosen, Flechten, Blättern und Rinde vorlieb nehmen. Wahrscheinlich wurde diese Nahrung mit Baumfrüchten wie Eicheln und Bucheckern ergänzt.

Das Leben in der Nähe von fruchtbaren Weiden und Sümpfen

Diese Ernährungsgewohnheiten legen nahe, dass Auerochsen in der Nähe von fruchtbarem Offenland lebten. Hinzu kam, dass die Lebensweise der Auerochsen stark vom Wasser bestimmt wurde. Mindestens einmal am Tag suchte der Ur eine Tränke auf.

Marschland, Flüsse und Auen waren der bevorzugte Lebensraum der Auerochsen. Eine Bestimmung des Isotopen-Levels in gefundenem Knochenmaterial legt nahe, dass Auerochsen auch in sumpfigeren Terrains lebten.

Fortpflanzung und natürliche Feinde des Auerochsen

Die Auerochsen waren Säugetiere und bekamen einmal im Jahr Junge. Im 17. Jahrhundert konnte man in Polen beobachten, dass die Paarungszeit im Sommer stattfand und die Kälber im Frühjahr darauf geboren wurden.

Die natürlichen Feinde des Auerochsen waren Wölfe, zu früheren Zeiten in Europa, Asien und Nordafrika auch Großkatzen und Hyänen. Da die Auerochsen circa 1,50 bis 2 Meter hoch waren und bis zu einer Tonne schwer, waren vor allem die Jungtiere von diesen Feinden bedroht.

Der größte Feind des Auerochsen war indes der Mensch. Nur er schaffte es, ihn vollständig auszurotten.

Immer schön in der Mitte bleiben – Auerochsen liebten gemäßigtes Klima

Die Auerochsen waren keine Tiere der Extreme. Sie mochten weder extreme Hitze noch extreme Kälte. Aus diesem Grund lebten die Ur-Rinder zwischen dem 30. und 60. Breitengrad. Unterhalb des 30. Breitengrades war es zu trocken, es gab zu wenig Wasser; oberhalb des 60. Breitengrades gab es aufgrund von Schnee und Eis zu wenig Vegetation.

Der Wald – ein hervorragendes Rückzugsgebiet

Im Idealfall lebte der Auerochse auf Offenlandflächen mit angrenzendem Waldgebiet, das ihm Schutz vor Witterung und Kälte, in späteren Zeiten auch Schutz vor dem Menschen bot.

Während in der nachchristlichen Zeit Sümpfe und Auwälder Schutz vor der vorrückenden Menschheit boten, lebten die europäischen Auerochsen seit Ende des Mittelalters in der „Großen Wildnis“ in Nordosteuropa, ein Gebiet von ausgedehnten Wäldern, Sümpfen und Flüssen.

Die letzten Ure fanden sich in größerer Zahl in den ausgedehnten Wäldern von Masowien in Polen, wo mutmaßlich der letzte Auerochse im Jahr 1627 starb.

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